Sonntag, 9. Oktober 2011

E-GITARRE DBZ IMPERIAL NATURAL VINTAGE

Wer ist Dean Zelinsky? Hände hoch! Na ja, ein paar Extremitäten sind zu vernehmen. Wer kennt Dean-Guitars? Aha, da geht doch schon so Einiges mehr. Wer kennt diese merkwürdige Kopfplatte mit den beiden Finger-artigen Würsten, die ein wenig wie ein Geweih ... so, jetzt sind alle Hände oben, man muss halt nur die richtige Frage stellen. Es ist zuweilen schon spannend zu sehen, was von einem Instrument optisch beim Kunden hängen bleibt. Dass hingegen eine Kopfplatte aufgrund ihrer polarisierenden Optik ein Instrument quasi visuell definiert, ist aber wirklich die absolute Ausnahme.

Im Heavy-Bereich eine feste Größe, ist es den 1976 gegründeten Dean Guitars trotz handwerklich hoher Qualität eigentlich nie wirklich geglückt, ihren Bekanntheitsgrad über das vorgenannte Genre hinaus zu tragen. Inwieweit dies an der charakteristischen Kopfplatte gelegen haben mag, darüber kann man nur spekulieren, es wird aber mit Sicherheit ein zentraler Punkt gewesen sein. Wie dem auch sei, wir testen heute keine Dean-Gitarre, sondern eine DBZ Imperial in Natural Vintage, ihres Zeichens eines der Modelle des von Herrn Zelinsky in 2008 neu gegründete Gitarren-Labels.

Dean-Guitars Gründer Zelinsky verlies in selbigem Jahr die von ihm geleitete Firma, um unter neuem Label zu alten Stärken zurück zu finden (scheint eine amerikanische Eigenart zu sein, siehe Fender), welche seines Erachtens in seinem damaligen Betrieb nicht mehr gewährleistet waren. Die genauen Gründe entziehen sich erwartungsgemäß den Kenntnissen des Autors.

Wie dem auch sei, sein charakteristisches Trademark konnte er erwartungsgemäß nicht mitnehmen und präsentiert daher mit der Imperial einen auf den ersten Blick ES-geprägten Pendant zu Gibsons legendären „Electric Spanish“-Serie. Pedant? Ja von wegen, alles nur auf den ersten Blick!




Konstruktion

Auch wenn man das Instrument zunächst in die typische Gibson-Ecke drücken möchte, nichts könnte ferner liegen. Zum Einen handelt es sich um eine Massivholzkonstruktion aus einem Mahagoni-Korpus mit aufgeleimter Riegelahorndecke. Die eigentliche Überraschung kommt jedoch, wenn man das Instrument in die Hand nimmt, respektive von der Seite betrachtet. Der Korpus ist kein 18 Millimeter (!) „dick“, meines Erachtens der schmalste Body, welcher mir je untergekommen ist. Korpus und Decke sind seitlich betrachtet etwa gleich dick, eine sehr ungewohnte Optik.Das so generierte Schwingungsverhalten ist demnach auch eher ungewöhnlich, allerdings erzeugt die Konstruktion schon im Trockenbetrieb ein sehr langes Sustain und dies trotz eines sehr geringen Winkels zwischen Steg und Saitenhalterung und dem damit verbundenen relativ geringen Anpressdrucks. Weiter geht es mit einem eingeleimten Mahagoni-Hals und einem Ebonized-Griffbrett. Auffällig ist das radikale V-Shaping des Halses, was man schon von anderen Dean-Instrumenten her kennt. Mit jedem Detail, welches man feststellt, scheinen Optik und Handhabung des Instrumentes jeweils einen Schritt weiter auseinander zu driften. Dies ist übrigens absolut wertfrei zu verstehen.
Die Gitarre verfügt über die kurze Mensur von 62,9 Zentimetern und tendiert hiermit wieder etwas mehr in Richtung Gibson, deren Protagonisten ja allesamt über selbige Mensur verfügen. Als Pickups kommen zwei hauseigene Humbucker-Modelle zum Einsatz, geschaltet mit einem Drei-Wege-Schalter, welche sich über einen Push/Pull Volume-Regler auch einspulig schalten lassen. Die Tuner kommen von Grover, die gesamte Hardware ist vernickelt. Auffällig ist auch hier wieder die extravagante Kopfplatte, welche mit ihrem übergroßen Firmen-Logo einen leichten Roadster-Charakter versprüht. Trotz allgemein schwerer USA-Prägung wird das Instrument in China gebaut, um die Fertigungskosten gering zu halten.


Praxis

Obwohl optisch in jederlicher Hinsicht einigermaßen gewöhnungsbedürftig, erscheint das Instrument in der Hand so gar nicht mehr exotisch. Trotz außergewöhnlicher Korpusmaße und einem extravaganten Hals-Shaping liegt die Gitarre gut in der Hand. Kein Kämpfen, kein Ringen, kein Knüppeln, alles wie gewohnt und gewollt. Die Hardware hinterlässt einen guten Eindrucke, Tuner und Bridge verrichten einen ordentlichen Job.

Wie immer liegt das besondere Augenmerk auf den Tonabnehmern des Instrumentes, insbesondere wenn sie aus eigener Fertigung kommen. DBZ hat auch hier einen guten Job gemacht, wissen die wahlweise ein- oder doppelspulig geschalteten Wandler durch abwechslungsreiches Voicing zu gefallen. Im Single-Coil-Betrieb kommen die Töne ungemein klar zum Vorschein, leicht glockig mit einem angenehmen Durchsetzungsvermögen. 

Im Humbucker-Modus hingegen nehmen Druck und Volumen stark zu, der Strahlemann jedoch geht um Einiges zurück. Alles in allem lässt sich nahezu die gesamte Bandbreite von Clean-Picking/Strumming bis hin zum rüden Metal-Gekloppe abdecken. Der schmale Korpus generiert eine ungewohnt schnelle Ansprache im Ton, nicht weiter verwunderlich aufgrund der Konstruktion, aber wer hat schon mal die Perkussivität bei dieser Korpusform erfahren dürfen?

Ich muss es ja zugeben, auch wenn es zuweilen ein wenig nach einer leicht kruden Zusammenstellung den Anschein haben mag, die Optik der Gitarre hat es mir angetan. Das eher „dreckige“ Logo im Zusammenspiel mit den Initialen auf dem Stop Tailpiece hinterlässt eine leichte Desperado-Attitüde, welche im krassen Gegensatz zur eher dezent traditionellen Natural-Ausrichtung des Instruments im Allgemeinen steht. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob Zelinskyseinem Spieltrieb bei diesem Instrument  freien Lauf gelassen hätte, gemäß des Mottos: „Was ich schon immer mal bei Dean Guitars umsetzen wollte, aber jetzt erst machen darf."


Fazit

Mit der DBZ Imperial Natural Vintage bringt Dean Guitars Gründer Dean Zelinsky eine Gitarre auf den Markt, welche handwerklich sauber gebaut ist, eine hohe Eigenständigkeit besitzt und klanglich zu überzeugen weiß. Die ungewöhnliche Ausführung von traditioneller Erst-Optik hin zu ungewöhnlich schmalen Korpus-Maßen in Kombination mit dezenten Rocker-Attitüden offenbart ein Instrument für Individualisten, welche sich nicht scheuen, auch jenseits der traditionellen Pfade ihr akustisches Heil zu suchen.

Ob die Gitarre sich allerdings im durchweg konservativ besetztem Gitarrenlager durchsetzen wird, wage ich mit einem Fragezeichen zu versehen. In Zeiten, in denen sowohl das professionelle als auch das Hobbylager von Gitarristen dem bis zur Unkenntlichkeit aufgeblasenen Vintage-Boom hinterher hechelt, könnte eine moderne Gitarre, welche die Konventionen des fest Eingefahrenen in Frage stellt, unter Umständen unter die Räder der Ignoranz kommen. 

Wer unvoreingenommen auch gerne einmal Handling und Optik in krassem Gegensatz austesten möchte, sollte sich die DBZ Imperial in Ruhe zu Gemüte führen. Genügend Aufmerksamkeit aus der Gitarristenfraktion dürfte ihm auf jeden Fall sicher sein.

Plus

  • Konzept
  • Preis/Leistung
  • Eigenständigkeit
  • Verarbeitung

Minus

  • -

Preis

UVP: 679,- Euro
Straßenpreis: ca. 630,- Euro




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